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Leseprobe für das Buch Verirrt im Paradies
Erzählungen
von Caritas Führer, Fuehrer:

V E R I R R T       I M       P A R A D I E S

Sie waren morgens um vier Uhr losgefahren. Kein Hund bellte im Dorf.
'In aller Herrgottsfrühe', hatte sie gesagt, und es hatte ihr gefallen, das zu sagen.
Als ob die Frühe im Besitz Gottes sei. Das hatte etwas Beruhigendes. Denn eigentlich fürchtete sie sich vor der Fahrt. Fürchtete sich vor der Länge der Reise, vor den Grenzübergängen und vor dem unbekannten Land.
Er hatte nachgesehen, ob die Kleine angeschnallt war in ihrem Kindersitz, und er hatte sie leicht angestupst und gesagt: 'Nun schlaf aber, du'. Und dann war er mit Schwung in den Wagen gestiegen und hatte den Motor gestartet.
Bis zur ersten Grenze hatte es nicht lange gedauert. Dort ging alles zügig.
Die zweite Grenze passierten sie nach wenigen Stunden. Auch an der dritten gab es keine Probleme. Am vierten Grenzübergang - sie hatten dazwischen in einem Motel übernachtet - warteten sie eine Stunde. Schließlich war auch das ausgestanden. Es war der zweite Reisetag, an dem sie in das Land einfuhren, von dem er gesagt hatte, es sei ein Paradies.
Das Kind war relativ ruhig gewesen, genau, wie Lilo und Roland es ihnen vorausgesagt hatten. Es hatte lange Strecken geschlafen, und wenn es wach war, trank es aus seiner Teeflasche, aß still eine Banane oder knabberte an Apfelstücken. Es war ein nettes Kind, das wachen Blickes die Landschaft hinter den Scheiben betrachtete. Es zeigte auf Hunde, die die Dorfstraße entlang trotteten und sagte vernehmlich:
'Dort sind Hunde.' Auch freute es sich am Storch, der mit breiten Schwingen über den grauen Häusern schwebte und flüsterte: 'Das Nest ist auf dem Lichtmast'.
Es winkte den alten Frauen zu, die mit schwarzen Kopftüchern und Schürzen vor ihren hölzernen Toren standen. In Abständen meldete es: 'Tante Mona, ich muss', und dann hielten sie kurz an einer Einbuchtung und die Kleine hockte sich ins Gras.

Anfangs war die Landschaft langweilig und trocken, aber das sagte die Frau ihm nicht. Später näherten sich bewaldete Hügelketten und runde Wiesenhänge, alles in ein unwirkliches Grün getaucht. Sie merkte, wie es anfing, ihr zu gefallen. Auch das sagte sie ihm nicht. Sie sagte gar nichts, schon eine ganze Weile, denn das Kind kam ihr seit der letzten Rast merkwürdig vor. Sie hatte sich zu ihm auf die Rückbank gesetzt und versucht, Spaß zu machen. Doch die Kleine wirkte matt und lächelte angestrengt.
Sie hatte ein schmales Gesicht und seidige Haare, blond. Alles an ihr war wie bei einem Porzellanpüppchen. Man fasste das Handgelenk an mit der Sorge, es könne zerbrechen. Lilo und Roland hatten sie Anne Bindestrich Lee genannt, nicht etwa Annelie, wie früher die kleinen Mädchen hießen, sondern Lee als El-e-e- geschrieben, so dass der Name fremdländisch aussah, aber wie ganz normal Annelie klang. Wenn man ihn schnell sprach. Sie fand das vom ersten Tag an albern, sagte sich aber immer wieder, dass es nicht ihre Sache sei und dass sie ihr Kind ganz bestimmt nicht so betitelt hätte.
Und dann weinte das Mädchen und sie erschrak, weil sie darauf irgendwie nicht gefasst gewesen war. Sie nahm Anne-Lees Hand und flüsterte etwas, und da bemerkte sie, dass Johann von der Straße abgebogen war, sicher schon vor einiger Zeit. Sie fuhren jetzt durch ein Tal, überall Bäume, und keine Menschenseele zu sehen. Und dann standen sie, und die Sonne schickte sich an, hinter die Hügel zu rutschen, und Johann stieg aus und sagte: 'Das ist es, was ich wollte, genau das'.
Sie wollte auch aussteigen, aber das Kind ningelte lauter, und sie schnallte es ab und hob es heraus. Es tappste unsicher nach dem langen Sitzen umher, setzte sich dann ins Gras unter einen Baum und blieb so.

'Hilf mir mit dem Zelt'', sagte Johann zu Mona und drückte ihr die Plane in die Hand.
Gemeinsam bauten sie das Iglu auf. Es sah grün aus und wirkte wie eine Tarnung in der Üppigkeit des Tales, und das Kind schaute. Mona hockte sich nieder und hatte wieder das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Sie drückte Anne-Lees Gesicht an ihr Gesicht, und dann sagte sie zu Johann: 'Die Kleine kommt mir heiß vor.'
'Kein Wunder nach so einem Tag', sagte er, 'aber die Nächte sind kalt hier. Die kühlt schon wieder ab.'
Johann brachte den Kocher in Gang. Der Mann ist wie eine aufgezogene Maschine, dachte Mona, denn nach kurzer Zeit hatte er es geschafft, dass sie auf der Wiese um eine rauchende Mückenkerze saßen und Becher mit dampfender Suppe in den Händen hielten.
'Sie will nicht. Sie dreht sich weg und nimmt nichts, aber sie muss doch essen', meinte Mona besorgt.
'Sie wird schon nicht verhungern. Lass sie einfach in Ruhe und leg sie hin. Sie ist nur müde.'
Mona legte das Kind auf eine Decke und lief mit dem Eimer zum Bach, aber Anne-Lee kam mit und hielt sich die ganze Zeit an Monas Gürtelschlaufe fest. Rasch wusch sie der Kleinen Gesicht und Hände, und wieder spürte sie die Wärme, die ihr unnatürlich vorkam. Die Hände waren kalt, aber der Kopf schien zu glühen.
'Leg sie endlich ins Zelt', sagte Johann, als sie zurückkamen. 'Damit wir noch ein paar Schritte gehen können.'
'Aber wir können doch nicht das Kind allein hier lassen und spazieren gehen, das ist doch nicht dein Ernst?'