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Leseprobe für das Buch Auf Entdeckungsreise im Sturm von Reinhard Prechtel:

Glaube, der auf dem Wasser geht

Wir fuhren gemütlich mit unserem Boot.
Die Stimmung war gut. Oh, was für ein Tag!
Wir hatten erlebt, wie mit nur wenig Brot
Fünftausend Jesus zu speisen vermag.

Wir genossen den Abend. Wir redeten viel.
Die Sonne erglühte, sank rot in den See.
Bis uns die dunkle Wolke auffiel.
Sie wurde größer. Das Lachen war passé.

Wir wurden nervös. Wir ruderten schneller.
Der Sturm, der brüllte. Er schwoll noch mehr an.
Der Regen peitschte. Da wurde es heller.
Ein Blitz schlug ein und wir warn so dicht dran.
vWir beteten, bangten. Wir kämpften verbissen.
Wir schöpften Wasser aus unserem Boot.
Der Wind hat uns öfters fast umgerissen.
Wir schrien in allergrößter Not.

Nach Stunden wurde es etwas ruhiger.
Wir sanken zurück. Unsre Kraft war dahin.
Doch dann überkam uns neuer Schrecken:
Ein Gespenst zu uns auf dem Wasser ging.

„Seid getrost! Ich bin es!“, sagte die Stimme.
Sie war so vertraut und uns allen bekannt.
Es war Jesus. Unsere Angst hielt nun inne.
Wir wussten sofort: Unsre Not ist gebannt.

Er kam auf dem Wasser. Es war nicht zu glauben.
Wie geht denn nur so was? Wie kann das denn sein?
Gelassen ging Jesus auf tosenden Wellen,
als wär er in unserem Garten daheim.

Jesus erwählte uns zu Jüngern.
Ein Jünger ahmt nach, was der Rabbi tut.
Ein Gedanke stieg auf in meinem Innern:
„Kann ich das auch? Gibt er mir den Mut?“

Ich fragte ihn: „Darf ich zu dir kommen?
Auf den Wellen gehen – so wie Du?“
Er sagte: „Komm.“ Und etwas benommen
stieg ich aus und ging auf Jesus zu.

Das Wasser trug mich. Ich konnte drauf laufen.
Ich sank nicht mal ein, fing zu lachen an.
Ich wollte fast tanzen! Doch dann kamen Wellen.
Die Angst schrie auf: „Nun bist du dran!“

Ich stürzte hinein ins tobende Wasser.
Ich kann nicht schwimmen. Mir wurde kalt.
Mein Herz setzte aus. Ich wurde blasser.
Kam nun mein Ende doch so bald?

Ich schrie: „Herr, hilf mir! Ich ertrinke!“
Seine starke Hand zog mich eilend heraus.
Er war nahe, damit ich nicht versinke.
Ich war gerettet. Die Not war aus.

Die See wurde ruhig, wir Jünger still.
Was war geschehen? Wir glaubten es nicht.
Mit Ehrfurcht wurde das Herz erfüllt.
Sprachlos schauten wir uns ins Gesicht.

Wer ist Jesus? Dies Geheimnis ist groß.
Nur Gott kann so mächtige Dinge tun.
Wir fielen vor ihm nieder und stammelten bloß:
„Du bist wahrlich Gottes Sohn!“

Jesus begann, von Kleinglauben zu reden,
der verängstigt auf Gottes Allmacht nicht schaut,
der nur Wellen sieht und anfängt zu beben.
So ein Glaube, der hat auf Sand gebaut.

Glauben heißt: auf Jesus sehen.
So wie ich, als ich aus dem Boot ausstieg:
Auf Jesus schauend auf Wasser gehen –
davon ich jetzt noch eine Gänsehaut krieg.