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Einer dieser unerreichbaren Wünsche bestand darin, meine liebe Johanna stets an meiner Seite zu haben, sie zu meiner geliebten Gemahlin zu machen. Aber dieses Glück war mir nicht vergönnt. Auch davon handelt diese Geschichte aus meinem Leben. Ihr denkt, ein Kaiser kann sich alle Wünsche erfüllen. Aber so ist es nicht. Auch er muss sich an Vorschriften halten, wenn es auch noch so schwer ist. Ich musste lernen zu erkennen, dass ich eine große Verantwortung trug und deshalb meine eigenen Interessen zum Wohle meines Landes hinten anstellen musste. Aber tief in meinen Herzen war ich stets der frühen Liebe meiner Jugend, meiner Johanna, ganz nahe. Denn was ein Stauferherz je geliebt, lässt es nicht mehr los. Und ja, manchmal ist der Schmerz der Preis, den man für die Liebe zahlt. Erst viele, viele Jahre später wurde ich für meinen großen Verzicht, mich mit meiner Jugendliebe zu vermählen, belohnt, als ich die junge Beatrix zum Altar führte, meine Frau, die mir zahlreiche Kinder als Erben schenkte. Sie erinnerte mich an meine Johanna und versetzte mich in meine Jugend-zeit zurück, jung und unschuldig wie Beatrix war. Doch dies ist eine andere Erinnerung. Nun aber schildere ich Euch die Geschichte meiner Jugendjahre. Die Geschichte von Johanna und mir und natürlich auch von meinem steten Freund Hannes, an dessen Treue ich gezweifelt, den ich verurteilt und des Verrats bezichtigt habe für etwas, von dem ich dachte, dass er es getan hat. Unsere Freundschaft wurde auf eine harte Probe gestellt. Enttäuscht habe ich mich von ihm abgewendet, meinem ehrenhaften Freund, der mir mehr ein Bruder war als ich ihm. Durch meine Stellung als zukünftiger Herzog von Schwaben musste ich etwas tun, was mir zutiefst widerstrebte, und etwas, was ich später als unehrenhaft empfand. Etwas, das mein Stauferherz sehr schmerzte und eine große, tiefe Wunde hinterließ. Und dies war nur zu ertragen, weil ich versuchte, mein Gewissen abzutöten. Wir schrieben das Jahr 1136 im Namen des Herrn und die Lage im Land beruhigte sich langsam. Seit mein Vater Herzog Friedrich II. von Schwaben, auch der Einäugige genannt, und mein Onkel Konrad, jetzt wieder Herzog von Franken nachdem er zuvor Gegenkönig gewesen war, Kaiser Lothar anerkannt hatten, wurden die Streitereien und Auseinandersetzungen weniger. Das Land hatte sich befriedet. Überall wurde das Zerstörte neu erbaut. Ulma als unsere Hauptpfalz wurde wiedererrichtet, besser als je zuvor und mit einer ringförmigen Schutzmauer umbaut. Mein Vater, mein Onkel Konrad und die Erzbischöfe von Mainz und Trier waren mit Kaiser Lothar und ihren Mannen nach Italien aufgebrochen. Zuvor hatte sich mein Onkel Konrad, auf Wunsch von Kaiser Lothar, mit der Schwägerin einer Schwester von Heinrich dem Stolzen, Gertrud von Sulzbach, vermählt. So wurden die Bande zwischen den Welfen und den Staufern enger, so der Hintergedanke des Kaisers. Und mir, der ich väterlicherseits Staufer und mütterlicherseits Welfe war, kam eine Vermittler- und Schlichterrolle in dieser Zeit zu. Aufbruch nach Brunswiek Ich zählte inzwischen 13 Lenze und war nach Brunswiek, also nach Braunschweig, aufgebrochen, um dort, auf Wunsch des Kaisers, mit meinem Vetter Heinrich dem Löwen meine Ausbildung zum Ritter fortzusetzen. Hannes war stets an meiner Seite, ebenso meine mir lieb gewonnenen tierischen Gefährten: Aramis, mein Schimmel, ein Geschenk von meinem Taufpaten Otto von Cappenberg, Fleckle, mein lustiger, kleiner Hund, und mein Jagdfalke Artes, ein Gerfalke, den mein Vater einst von seinem Bruder erhalten hatte und den ich, nachdem er sich verletzt hatte, gesund gepflegt und abgerichtet hatte. Johanna, die ich bei unserer ersten Begegnung im Alter von acht Jahren kennengelernt hatte, war inzwischen meine Liebste, meine Seelenverwandte und meine engste Vertraute geworden. Ich hatte sie auf unserer Stammburg, dem „Stauf“, zurücklassen müssen. Agnes, meine Stiefmutter, hatte sie als Kindsmagd in ihren Dienst genommen. So wusste ich Johanna in guter Gesellschaft und meine kleinen Halbgeschwister gleichwohl. Das Lebwohl war uns beiden schwergefallen, aber die Zeit der Trennung, das wussten wir beide, würde vergehen und unser Wiedersehen dann umso schöner. Auch unser Sehnen nacheinander würde dann ein Ende haben. Brunswiek war weit, zu weit, um kurz die Heimat zu besuchen. Wir hatten Geleit bekommen. Kaiserin Richenza von Northeim, die Großmutter meines Vetters Heinrich, hatte uns ein paar Mannen geschickt, damit wir sicher zu ihr gelangen konnten. Mein Vetter Heinrich war der Sohn eines Bruders meiner Mutter, mit dem Namen Heinrich der Stolze, ein Welfe wie meine Mutter, die ich bereits in den Händen Gottes wusste. Heinrich, mein Vetter, wuchs im Umfeld geistiger und militärischer Berater des Hofs Lothars III. auf. Dazu zählten die bedeutenden sächsischen Ministerialen Anno von Heimburg, Liudolf und Balduin von Dahlum, Heinrich von Weida sowie Poppo von Blankenburg, auf die sich Heinrich stützte und die seine Persönlichkeit prägten und ihn auch entscheidend beeinflussten. Ich begriff, dass der kleine Löwe Heinrich bei Richenza und Lothar darauf gedrängt hatte, dass unsere Ausbildung zum Ritter gemeinsam fortgesetzt wurde, wenn nicht in Dänemark, dann eben bei ihm in Brunswiek auf der Burg Dankwarderode. Eigentlich war sie ja mehr eine Festung, Castrum Tanquarderoth genannt, denn Vetter Heinrich baute sie erst viele Jahre später nach dem Vorbild der Kaiserpfalzen zu einer richtigen Burg aus, umgab sie mit Mauern und Gräben und stellte einen eisernen Löwen auf, der noch heute in Braunschweig steht, damit sich die Menschen an ihn erinnern sollten. Die Festung war vom Grafengeschlecht der Brunonen bereits im 11. Jahrhundert auf einer Flussinsel errichtet worden, der Okerinsel. Als wir am frühen Abend ankamen, einem lauen Sommerabend, zogen die Schwalben ihre Kreise am Himmel. Mein Vetter Heinrich der Löwe kam mir mit einem Freudenschrei entgegengelaufen. Ich hatte ihm in Dänemark den Namen „der Löwe“ gegeben, weil er immer so laut wie ein Löwe gebrüllt hatte. „Friedel, endlich bist du da! Du hast aber lange auf dich warten lassen!“, rief er mir zu. „Na, solange war es doch gar nicht!“ Ich klopfte ihm kräftig auf den Rücken, was ihn zusammenzucken ließ. „Deshalb brauchst du mich nicht gleich nach deiner Ankunft zu erschlagen“, meinte er lachend. Heinrich war ein kräftiger Achtjähriger, der aber älter wirkte. Seine dunklen Augen strahlten vor Freude. „Wie ist es dir ohne mich ergangen?“, wollte ich wissen. „Na, wie es halt alleine so ist, in einer großen Burg mit einer Großmutter, die sich bemüht, mich zu einem ehrenvollen Menschen zu erziehen“, erzählte er grinsend. „Und, ist es ihr gelungen?“ „Ich denke, sie hat noch einiges zu tun!“ „Das habe ich jetzt nicht gehört“, erklang von hinten eine weibliche Stimme. Ich wendete mich um. „Kaiserin Richenza, ich hatte Euch gar nicht bemerkt!“ Ich warf mich auf die Knie. „Steh auf, Friedrich! Lass dich ansehen. Du bist groß geworden.“ Sie umarmte mich. „Herzlich willkommen auf Dankwarderode! Ich hoffe, ihr hattet eine gute Reise. Sie deutete in Richtung Hannes, der noch mit den Pferden beschäftigt war. „Ja, danke.“ Heinrich hatte erst jetzt Hannes entdeckt und war zu ihm hingelaufen, um ihn ebenfalls zu begrüßen. „Es ist gut, dass du hier bist, Friedrich. Ich denke, Heinrich braucht jemanden, der ihm zur Seite steht und ihn unauffällig führt, aber ihm auch seine Grenzen aufzeigt. Er ist schnell aufbrausend und hat diesen eitlen Welfenstolz, welcher dieser Familie nicht immer zum Besten gereicht hat. Du wirst ausgleichend auf ihn wirken!“ Kaiserin Richenza schien große Stücke auf mich zu halten. „Jetzt aber ruht euch von der langen Reise aus und speist kräftig. Ich habe etwas vorbereiten lassen! Lasst es euch schmecken!“ Ein paar Tage später erzählte mir mein Vetter Heinrich die Geschichte von den Brüdern Bruno und Dankward, die ihre Heimat zugunsten ihres Bruders Otto verlassen hatten, um sich anderenorts niederzulassen. An einer Stelle, wo sich eine Furt an der Oker befand und an der Karl der Große während der Sachsenkriege ein Dorf zerstört haben soll, entschied Dankward, den Aposteln Peter und Paul zu Ehren eine Kirche zu bauen sowie die Burg Dankwarderode errichten zu lassen. Bruno ließ Häuser bauen, stiftete die Jakobskirche und gab dem Ort dann den Namen Brunswiek. Seit 1100 befanden sich die Siedlungen auf beiden Seiten des Flusses Oker in stetigem Wachstum, wobei sich die Altstadt auf dem Westufer deutlich besser entwickelte. Die andere Seite, auf dem Ostufer, wuchs hingegen eher unplanmäßig. Am Rande dieses Ufers wurde 1115 das Benediktinerkloster St. Ägidien gegründet. Inmitten des Ortes gab es einen großen Marktplatz, auf dem Handel getrieben wurde. Die Stadt wurde immer größer und mächtiger. Die Zeit unserer weiteren Ausbildung wurde aber keine leichte. Wir waren vorerst zwei Rittern als Knappen zugeteilt. Und Kaiserin Richenza, die sich bisher Heinrichs Erziehung gewidmet hatte, nahm auch mich unter ihre Fittiche. Hannes durfte ebenso ihren Ausführungen lauschen, denn auch er sollte ein guter Christenmensch werden. Außerdem besuchten wir mit ihr gemeinsam täglich die Heilige Messe, was ich mein ganzes Leben lang beibehielt. Unterricht in guter Erziehung und religiöser Unterricht wurden uns ebenfalls erteilt. Weiterhin gab es Schwert-, Kampf- und Leibesübungen. Heinrich schlug sich trotz seines jungen Alters tapfer. Er zählte zwar weniger Lenze als ich, war aber ein echter Kämpfer. Ein richtiger mutiger Welfe. Aber das Putzen der Ritterausrüstung seines ihm zugeteilten Ritters gehörte nicht zu seinen Lieblingsaufgaben. So versuchte er es regelmäßig zu umgehen, indem er sich einfach aus dem Staub machte. Ich hatte ihn schon einige Male ermahnt, dass dieses Verhalten eines zukünftigen Ritters nicht würdig sei, aber er wollte es nicht hören. Seltsamerweise sah seines Ritters Ausrüstung am nächsten Tag trotzdem blank geputzt aus, wie von Zauberhand. So fiel keinem, außer mir, Heinrichs Fehlverhalten auf. Aber ich wollte verstehen, was sich da zutrug, warum die Rüstung blinkte, obwohl Heinrich jedes Mal mit Abwesenheit glänzte. Also folgte ich Heinrich vorsichtig und verbarg mich vor ihm. Heinrich huschte, nachdem er die Burg verlassen hatte, in Richtung des Marktplatzes und trieb sich zwischen den Marktleuten herum. Dann lief er hinab an die Oker, setzte sich ans Ufer und warf ein paar Steine ins Wasser. Er legte sich ins Gras und beobachtete die Wolken, wie sie der Wind eilig am Himmel vorantrieb. Nachdem einige Zeit vergangen war, schlich er zur Burg zurück. Er schien also einfach nur herumzustromern, anstatt seine Arbeit zu erledigen. Während ich in den Stall zurückging und die Rüstung meines Ritters auf Hochglanz polierte, denn keiner sollte sich über mich und meine Arbeit beschweren können, war von Heinrich weit und breit keine Spur zu sehen. „Heinrich, warum erledigst du deine Arbeit denn nicht?“, flüsterte ich Heinrich zu, als wir am Abend zusammensaßen. „Keine Sorge, Friedel. Du wirst sehen, morgen ist alles erledigt.“ Ich blickte ihn verständnislos an und schüttelte den Kopf. Richenza sah Heinrich eindringlich an. „Habe ich gerade gehört, dass du Friedrich immer noch Friedel nennst, Heinrich? Ich denke, Friedrich ist aus dem Kindesalter heraus, und es ist an der Zeit, dass er diesen Namen ablegt“, erklärte sie. „Ab heute wirst du, und auch all die anderen, ihn nur noch Friedrich nennen“, erklärte Richenza streng. „Hast du verstanden, Heinrich?“ „Ja, wenn es unbedingt sein muss!“, antwortete er patzig. „Friedel oder Friedrich - ist doch egal! Der weiß schon, dass ich ihn meine.“ Richenza blickte seufzend zum Himmel auf und schüttelte den Kopf. „Lieber einen Sack Flöhe hüten …“ In der Nacht wurde ich plötzlich von einem lauten Geräusch wach. „Hannes, bist du das?“, rief ich in die Dunkelheit. „Ja, Friedel, äh… Friedrich. Ich bin in der Dunkelheit gegen die Truhe gelaufen.“ |