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Vorgestanzte Beileidskarten spiegeln die Überforderung wider, passende Worte zu finden. Die Privatisierung der Bestattung folgt als neuer Trend. Die einsame Bestattung ohne Feier und Geleit hat sich in großen Städten weit verbreitet. Die anonyme Beisetzung der Urne oder das Verstreuen der Asche auf hoher See verwischen oft die allerletzten Spuren. Es ist der Wunsch vieler, Tote auch ohne Sarg zu bestatten, die Totenasche zu verstreuen oder auch Urnen zu Hause aufzubewahren. Wie achten wir die Würde des Menschen über die Grenze des Todes hinaus? Welche Bedeutung hat das Erinnern? Diese Fragen stellen sich neu. Kirche und Diakonie haben die Aufgabe, sie lebendig zu halten. Es ist gut, damit nicht allein zu bleiben. Es gehört zu den Impulsen von Hospizarbeit und Palliative Care, dass der Trauer neu Aufmerksamkeit gewidmet wird. Trauer wird umgewertet und umgedeutet. Sie ist nicht Ausdruck von Pathologie oder Erkrankung, sondern Zeichen von Vitalität und Beziehungsfähigkeit. Neue Trauerformen und Rituale werden kreiert, wo alte nicht mehr tragen. Wir wissen: Trauer ist individuell verschieden. Sie braucht Ausdrucksformen und Menschen, die da sind und da bleiben. Es braucht die soziale Gruppe. Und: Trauern kann dauern. Drei Tage zwischen Karfreitag und Ostersonntag sind der symbolische Platzhalter für Jahre im Leben eines Menschen, der sein Liebstes verloren hat. Das Totengedenken ist eine Form, Trauer zu (er)tragen. Die Gedenkfeier bietet die „Fassung“, um in der Fassungslosigkeit des Todes gefasster leben zu können. Sie gibt der Erinnerung an den Verstorbenen Raum. Sie bietet die Gelegenheit, auf das Leben mit seinen Sonnen- und Schattenseiten zurückzublicken. Zu klagen über Verlorenes, Versäumtes und schuldig Gebliebenes. Zu danken für Gehabtes, Geschenktes und Geteiltes. Zu fragen, was bleibt. Wir waren sofort angetan vom Vorschlag, Texte für ein Totengedenken, eine Gedenkfeier zusammenzustellen. Christian Buchholz, Schuldekan i.R. und langjähriger Vorsitzender des Evangelischen Pfarrvereins in Württemberg, bietet seit Jahren Lesungen am Ewigkeitssonntag an, die auf große Resonanz stoßen. Die vorliegenden Texte bringen das zur Sprache, was Trauernde aus eigener Erfahrung kennen. Stellvertretend wird vorhandene, vielleicht unterdrückte Trauer thematisiert. Was im Alltag tabuisiert wird, greifen die Texte auf. Wer spricht im Alltag schon vom allerletzten Augenblick? Von Jenseitsvorstellungen? Von den Gefühlen, die die eigene Sterblichkeit auslöst? Vom Trost, der es einem ermöglicht, vertrauensvoll dem Ende entgegenzugehen? Von der Hoffnung wider alle Vernunft. Die Texte thematisieren wichtige Lebenserfahrungen in konzentrierter, oft bildhafter Form. Dadurch sprechen sie nicht nur unseren Intellekt an, sondern in besonderem Maße auch unsere Gefühle. Trauernde (er)warten nicht, für ihre Not eine „Lösung“ zu bekommen. Vorgelesene Texte aber können helfen, dem Unfassbaren einen Ausdruck zu geben und es langsam zu verstehen. Sie ermöglichen die Auseinandersetzung mit unserer Endlichkeit. Vielleicht führen die Texte auch dazu, dass Menschen eher miteinander über die Erfahrung „Tod“ sprechen. Vielleicht vermögen sie noch mehr: in unaufdringlicher Weise auf die Lebensfreude und die Kostbarkeit dieses einen Lebens zu verweisen, das uns gegeben und aufgegeben ist. Das Buch möchte zum Totengedächtnis und zur Gestaltung von Gedenkfeiern ermutigen und all jene, die den Versuch wagen, dabei unterstützen. Aus der Fülle von Texten lässt sich das Passende auswählen und durch Bilder, Lieder, Musik ergänzen. Möge das Buch Trost sein für diejenigen, die von einem geliebten Menschen Abschied nehmen müssen. Möge es Seelsorgenden Inspiration sein für die eigene liturgische Praxis. Wir wünschen uns, dass ihre Gedenkfeiern gut gelingen. Mögen sie für viele, die daran teilnehmen, zu Orten und zu Zeiten des Segens werden. BERNHARD SCHNEIDER / THOMAS MÄULE --- Seelenapotheke - Texte zum Abschied vom Leben Den Anlass zu dieser Textsammlung bilden Einkehrstunden, die wir seit vielen Jahren am Toten- bzw. Ewigkeitssonntag in unserer Dorfkirche mit Lesungen und Musik gestalten. Die große Resonanz und die spürbare Betroffenheit ist immer wieder eindrucksvoll und bewegt uns, diese erweiterte Sammlung der Öffentlichkeit vorzulegen. Wir können erklärtermaßen über Tod und Sterben nie aus eigener unmittelbarer und existenzieller Selbsterfahrung sprechen und schreiben: Immer sind es vermittelte, reflektierte oder spirituell - gleichsam 'von außen‘ - verarbeitete Äußerungen. Es gibt keine eindeutige Aussage - es sind stets Bilder - abgesehen von der biologisch-medizinischen Analyse. Und diese Bilder wollen interpretiert, verstanden, aufgenommen, verinnerlicht werden. Die Erfahrung des Sterbens und des Todes ist elementar und in allen Kulturen seit jeher wirkmächtig. Die religionsgeschichtliche, literarische und philosophische Vielfalt dieser Wirkung nachzulesen bzw. nachzuempfinden kann therapeutische, seelsorgerliche und nicht zuletzt auch eine kulturell aufklärende Funktion haben - eben eine 'Apotheke für die Seele' sein (nach Erich Kästner, der 1936 im Vorwort zu seiner 'Lyrischen Hausapotheke' dieses Buch „ein der Therapie dienendes Taschenbuch“ nennt). Das Ziel dieser Sammlung ist also (rationale) Erkenntnis und (innere) Bewegung der Seele - sodass Leben heilsam angenommen und gestaltet werden kann, hilfreiches Geleit „mitten im Leben“ möglich ist. Es ist Unfug, dass in der modernen Welt Tod und Sterben tabuisiert werden: In den Medien oberflächlich und manchmal grob, in Literatur und Theater meist sensibel und tiefgehend, im Alltag existenziell, in Trauer- und Friedhofskultur verändert - aber ernst genommen und selbstbewusst (etwa in Todesanzeigen, auf Grabsteinen, durch alternative Bestattungs- und Ritualformen) - so wird das Thema wahrgenommen und verhandelt. Gegen die „Enteignung des Todes“ - durch Funktionalisierung bzw. Instrumentalisierung und Industrialisierung - ist die „Wiederaneignung des Todes“ (so die Kulturanthropologin und Bestatterin Susanne Möllers/Berlin) gefordert: Das Sterben ins Leben zurückholen durch Trauergruppen, Besuchsdienste (deren Mitglieder heute im Ehrenamt das arbeiten, was früher die Großfamilie leisten musste) und selbstverständliche Pflege zuhause - diese Entwicklung belegt, dass Tod und Sterben eben nicht tabu sind - sondern „mitten im Leben“ sind. Die Autorinnen und Autoren der hier publizierten Texte stellen sich dem Leben: Gibt es überhaupt ernsthafte Literatur ohne dieses Thema? Und: Wer Endlichkeit und Vergänglichkeit ernst nimmt, widerspricht der vordergründigen Fixierung auf Leistung, Schönheit und Vollkommenheit. Eine solche Engführung beansprucht zwar gesellschaftliche Dominanz. Aber Wirklichkeit ist umfassender. Die Palette der Texte ist breit - chronologisch vom 10. Jahrhundert vor Christus an bis in unsere Gegenwart, von areligiöser Atmosphäre geprägt bis hin zu äußerst frommen Ausdrucksformen, von hinduistischer und muslimischer Tradition bis zu christlich-biblischen Texten, in Tageszeitungen, bei Traueranzeigen und auf Friedhöfen entdeckt. Ebenso umfassend und vielfältig sind die inhaltlichen Aussagen: von der spirituellen Einstimmung über die bewegende Klage, von der analytischen Beobachtung über den Schrei angesichts des gewaltsamen durch Menschen verursachten Todes, vom selbstbestimmten Sterben über fatalistische Hingabe, von der Dunkelheit des Kindstodes über die Sehnsucht nach Erlösung. Zu danken ist der Evangelischen Heimstiftung (Dr. Thomas Mäule von der Stabsstelle ‚Ethik und Theologie‘ und Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider) für die Realisierung, dem Freundeskreis und Förderverein der Heimstiftung für die Unterstützung, Michael Nick/Dürnau, der als Fotograf u.a. für die Kalenderblätter der Kreissparkasse Göppingen arbeitet, Wolfgang Brinkel/Leipzig und Dieter Kunzmann/Zell u.A. für sachliche Anregungen, Dr. Lacina Panzer/Stuttgart für ihren Beitrag und der Grafikerin Simone Lucina für hilfreiche Ratschläge sowie vor allem Rüdiger Wolff und der Verlegerin Manuela Kinzel/Göppingen-Dessau für ihre viele Mühe, die freundliche Begleitung und Beratung. im Frühjahr 2019, Christian Buchholz |