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Leseprobe für das Buch Werner Stepanek Skulpturen 1992-2012 von Werner Stepanek:

'Kunst - Sprache, Aufforderung zum Dialog'

Das Werkschaffen von Werner Stepanek

Cornelia Buder M.A., Kunsthistorikerin

Vorgefundene Stahl- und Eisenteile sind für den Künstler Werner Stepanek seit fast 30 Jahren sowohl Inspiration als auch Grundlage für seine Skulpturen. Die Faszination für diese Materialien ist seitdem ungebrochen; sie ist der Motor, der ihn immer wieder neue Formen finden und erfinden lässt.
Die Materialsuche beginnt auf dem Schrottplatz oder in metallverarbeitenden Betrieben. Ihn faszinieren ausrangierte Metallteile mit eigener 'Biographie', die Geschichten erzählen könnten. Sein Interesse gilt der Gebrauchsästhetik der Fundstücke, die als historische Speicher Träger vieler Zeitspuren sind. Die Materialsuche selbst vergleicht Werner Stepanek mit einer Art 'Rettungsakt: Etwas was verworfen ist, wird neu entstehen.'
Der Schaffensprozess verläuft unterschiedlich. Manchmal bedarf es zur eigenen Formfindung nur eines kleinen Bearbeitungsschrittes; dann ist Werner Stepanek eher ein Finder und weniger ein Former. Er macht sichtbar, was schon da war, sich aber nun in einem ganz anderen Zustand und Zusammenhang befindet und dadurch eine völlig neue Wahrnehmung hervorruft.
Eine andere Vorgehensweise ist die Selektion. Hierbei wird aus Vorhandenem ein Teil herausgeschnitten und somit vom ursprünglichen Zusammenhang gelöst und dann durch Bearbeitung und Kombination in einen anderen ästhetischen Zusammenhang gebracht.
Die Bearbeitung des Stahls mit Stahlbürste, Trennscheibe oder Schweißgerät setzt eine Art Dialog mit dem Material in Gang, d.h. der Werkstoff wird nicht einer festen Idee unterworfen, vielmehr lässt sich Stepanek vom Prozess selbst anregen und leiten. Dementsprechend haben seine Skulpturen meist keinen Titel. Neben dem Alter des Materials sind den Objekten auch die Spuren der handwerklichen Bearbeitung durch den Künstler deutlich anzusehen. Schweißnähte, Risse und ungewollte Verwerfungen lassen ihn nicht verzweifeln, sondern begeistern und motivieren ihn zum nächsten und übernächsten Bearbeitungsschritt.
Hin und wieder hält Stepanek ein Fundstück in den Händen, das ihn sofort und unmittelbar zu einem Thema inspiriert. Dann entstehen Arbeiten wie zum Beispiel 'Eisernes Buch' oder 'Deutsche Einheit'. Grundsätzlich aber bestimmen Offenheit im Gestaltungsprozess und in der Wahrnehmung der Skulptur das Werkschaffen von Werner Stepanek. Dementsprechend ringt der Künstler bisweilen mit dem Prozessende und der damit verbundenen Frage, wann eine Skulptur schließlich fertig ist. Entscheidend ist auch hier der Grad seiner Faszination. Lässt diese sich nicht mehr steigern, beendet er seine Arbeit, wobei es durch aus passieren kann, dass er sich noch zwei bis drei Jahre lang mit der Skulptur im Atelier auseinander setzt, um zu erfahren, ob sich der Grad der Faszination ändert. Erst dann ist eine Skulptur für ihn vollendet.
Stilistisch werden die Arbeiten von Werner Stepanek dem Konstruktivismus zugeordnet; die bildnerischen Elemente und die Kompositionen folgen rein gedanklichen und nicht gegenstandsgebundenen Ordnungsprinzipien. Einer impulsiven und spontanen Formsetzung folgend, entsteht eine Beziehung aller Gestaltungselemente zueinander.