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Konfessions-Konflikte 9. Das (Nicht-)Zusammenleben in Ottenbach 10. Gemeinde Ottenbach ab 1900 11. Fruchtbare Jahre der Ökumene 1977 - 2018 12. Erste Überlegungen aus diesen Beobachtungen Zwei Verwaltungen in einem Dörflein Bedingt durch die politische Lage gehörten die Grundbesitze in Ottenbach nun [ab 1534] zu zwei verschiedenen Ländern. Dadurch gab es im Dorf Ottenbach auch eine Teilung bezüglich der Gemeindeverwaltung. Das heißt, es gab im Dorf zwei Gemeindeverwaltungen: Die rechbergische Verwaltung für die Katholischen. Diese unterstand dem Grafen von Rechberg, beziehungsweise dem eingesetzten Vogt. Daneben die württembergische Verwaltung für die Evangelischen, die dem Herzog von Württemberg, vertreten durch das Cameralamt Göppingen unterstanden. Jede Gruppe hatte ihre Gemeinderäte denen jeweils ein sogenannter Rechnungsführer vorstand. Alle Entscheidungen der katholischen Seite oblagen dem Vogt des Hauses Rechberg, in letzter Instanz beim Grafen von Rechberg. Für die Evangelischen war der Amtssitz in Hohenstaufen, das sogenannte Ämtchen Hohenstaufen, ein Zweig des württembergischen Amtes Göppingen. Zuständig war dort ein Cameralamtmann oder der Landvogt für Fils und Rems, später der Oberamtmann. Zerrissene Familien, das Feindbild Ob man nun wollte oder nicht, mit Einführung der Reformation tat sich für die Bewohner ein tiefer Riss auf. Es gab Häuser und Gehöfte im Dorf welche zwar Nachbarn waren - aber der angrenzende Nachbar - das war Ausland. Die Katholischen waren in Ottenbach in der Mehrheit. Und: für diese katholische Mehrheit gab es plötzlich ein Feindbild: Die Protestanten. Öffentliche Fragen des Zweifels, etwa: was ist besser? katholisch oder protestantisch, oder: ob Luther wohl doch in manchen Thesen recht hatte, stellte man besser nicht, denn sie konnten schwere Strafen durch Papst und Fürsten nach sich ziehen. Schnell war man als Ketzer verurteilt - bis zum Tod, z. B. durch Vierteilen. Umgekehrt baute sich dieses Feindbild in überwiegend evangelischen Orten gegenüber den Katholiken auf. Besonders schwerwiegend war der Umstand, dass die Untertanen zu Kriegsdiensten ihrer jeweiligen Herrschaft verpflichtet waren. Das bedeutete, dass sich dörfliche Nachbarn im jeweiligen Kriegsheer gegenüberstanden. Bei der Schlacht bei Nördlingen am 6. September 1634 bereiten die 'Kaiserlichen' (also auch Rechberger) den Schweden eine schwere Niederlage. Zwei Drittel der 6000 Mann starken württembergischen Landmiliz, welche die Schweden unterstützt hatte, fiel in der Schlacht. Konfessions-Konflikte F. Guillet und K. Schönweiler Auf vielen Ebenen brachte die Reformation Änderungen mit sich. Die Einführung der Reformation bedeutete nicht nur, dass ein evangelischer Pfarrer auf eine Pfarrei berufen wurde, darüber hinaus war mit einer derartigen Maßnahme auch Veränderungen in einigen anderen Institutionen verbunden: sofern eine Schule bestand, war auch ein Lehrer, der diese Glaubensrichtung vertrat und seinen Schülern vermittelte, von Nöten. Betroffen war des Weiteren die eheliche Gerichtsbarkeit, die bis dahin bei der katholischen Geistlichkeit gelegen hatte. Die Ehe ist nach Luther kein Sakrament, sondern ein 'weltliches Ding'. Die Reformation griff vielfach in das private Leben der Menschen ein, indem sie eine neue Lebensweise einzuführen bestrebt war. Es wurden daher ein Verbot für das Fluchen, das Trinken und das Spielen in Wirtschaften während des Gottesdienstes und ein Verbot von außerehelichen Lebensgemeinschaften eingeführt sowie der Besuch des Gottesdienstes und ein Leben nach den Regeln des Evangeliums vorgeschrieben. Dass die katholischen Pfarrer häufig Frau und Kinder hatten, zeigen Vermerke im eingangs erwähnten Visitationsprotokoll des Geislinger Dekans an die Diözese Konstanz vom 30. Juli 1575. Vor allem an den Grenzen, wo Katholische auf Evangelische trafen, hatte die Reformation großen Einfluss auf das Privatleben und die Religiosität. Heute ist kaum vorzustellen, wie groß der Konflikt war. Gegenseitige Exkommunikation und Häresien waren ausgesprochen. Ein schwereres Urteil konnte es aus Sicht eines Gläubigen nicht geben. Christen warfen sich gegenseitig vor, keine Christen zu sein. Der Tod wird als weniger harte Strafe empfunden! Es war daher eine besondere Herausforderung in den Grenzgebieten im normalen Leben klarzukommen. Für die Ottenbacher änderte sich einiges: Für die evangelischen Ottenbacher Lehensleute war der Amtssitz Hohenstaufen. Eine Heirat mit Katholischen kam für sie nicht in Frage, d.h. Ehepartner kamen immer aus anderen evangelischen Dörfern. Die zuständige Kirche, der Friedhof und die Schule waren für die Evangelischen in Hohenstaufen. Bibelstunden waren für die evangelischen Talbewohner etwas Neues. Schule und Schulzeit in früheren Zeiten 1732 Auf Anordnung von Graf Maximilian v. Rechberg und Rothenlöwen wurde In Ottenbach 1732 die Pflichtschule eingeführt. Für Ottenbach galt dies aber nur für katholische Schüler (= rechbergische Untertanen). Auch musste der Lehrer ein Katholik sein. Der Lehrer hatte auch den Mesnerdienst und den Organistendienst in der Kirche zu versehen. Bis 1933 mussten die Schulkinder der evangelischen Höfe aufgrund ihrer Konfession einen zum Teil anderthalb Stunden langen Schulweg nach Hohenstaufen machen. Unterwegs begegneten sie dem Sohn des Polizeidieners von Hohenstaufen, der, weil er katholisch war, nach Ottenbach zur Schule gehen musste. Dabei wohnte er in Hohenstaufen direkt neben dem Schulhaus. Persönliche 'Miteinander Geschichten' Wie wurde die jeweils andere Seite beurteilt? Ein Ottenbacher, Jahrgang 1927, katholisch, erinnert sich: 'Man hat so gut wie gar nicht darüber geredet. Das war wie eine Mauer über die man besser nicht drübersehen wollte - man hätte sonst möglicherweise erkennen müssen, dass da auch viel Wahres drinsteckt. Man hielt lange Zeit auf Trennung, wenn es um die Konfession ging, besonders bei Ehen.' Herr Gottlob Grözinger vom evangelischen Strudelhof erinnert sich: 'Im Allgemeinen war das Zusammenleben im Dorf ganz normal, keine Benachteiligungen der evangelischen Christen. Oft half man sich gegenseitig. Das Alltagsleben, zum Beispiel, Einkauf in den Läden und die Zusammenarbeit mit den Handwerkern waren gut. Über die jeweilige Religion hat man nicht miteinander geredet. Das war Tabu. ‚Das war wie eine Wand‘. Nachteile hatten die evangelischen Christen früher beim Schulbesuch und Religionsunterricht.' [Siehe 6.5 Schule] Die goldene Regel Im ganzen Zusammenleben innerhalb der dörflichen Nachbarschaft, auf den Höfen, im Weiler Kitzen und früher im Weiler Bärenbach, galt über alle Jahrhunderte eine goldene Regel: Das Thema Religion blieb tabu. Dies wurde auch in den allermeisten Fällen eingehalten. Es war die eine gläserne Wand. Eine unsichtbare Trennwand, welche in allen menschlichen Bereichen durchlässig war, jede Handreichung zuließ - nur in dem einen Punkt und Lebensbereich die Menschen voneinander trennte: Die Religionszugehörigkeit! Diese Regel garantierte, dass die Konflikte der zwei Kirchen nicht zum alltäglichen Konflikt in Ottenbach (und auch in anderen Dörfern) wurden. Wären Konflikte ununterbrochen ausgetragen worden, wäre eine dörfliche Gemeinschaft schwer möglich gewesen. Diese Regel garantierte das Zusammenleben. |